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Rüstungsexportkontrolle: Jetzt die Kurve kriegen
Positive Impulse auch ohne Rüstungsexportkontrollgesetz
Release Date
2024-05
Language
- –
Topics
- Militarisation and arms control
Ein Rüstungsexportkontrollgesetz als Beitrag der Ampelregierung zu einer restriktiveren und transparenteren Rüstungsexportpolitik scheint in weiter Ferne. Dennoch kann die Bundesregierung die zweite Hälfte der Legislaturperiode nutzen, um ihrem Wahlversprechen nachzukommen und die Praxis der Rüstungsexportkontrolle verbessern. Wir zeigen wie.
Im Koalitionsvertrag und der Nationalen Sicherheitsstrategie formulierte die Bundesregierung den Anspruch einer restriktiven Rüstungsexportpolitik. Als zentrales Vorhaben zur Umsetzung dieses Anspruchs sollte ein Rüstungsexportkontrollgesetz dienen, welches bestehende Regularien in einem Gesetz verankert und damit stärkt. Zudem sollte die Transparenz in Bezug auf Rüstungsexporte erhöht werden. Seit Antritt der Ampelregierung hat sich mit dem russischen Angriff auf die Ukraine und dem Krieg im Gaza-Streifen die geopolitische Lage jedoch deutlich geändert. Ein Rüstungsexportgesetz ist derzeit nicht mehr zu erwarten und mit der Entscheidung, Eurofighter an Saudi-Arabien zu liefern, scheint die Ampelregierung weit von einer restriktiven Rüstungsexportpolitik entfernt.
Auch wenn das übergeordnete Ziel – die Verabschiedung eines Rüstungsexportkontrollgesetzes – in dieser Legislaturperiode nicht mehr umsetzbar erscheint, fällt doch die bisherige Bilanz der Ampelregierung in Sachen Rüstungsexportkontrolle bei genauerer Betrachtung gar nicht so negativ aus. Mit Einzelausfuhrgenehmigungen von 8,36 Mrd. Euro erreichte die Ampel im Jahr 2022 zwar den zweithöchsten Wert seit Veröffentlichung der Rüstungsexportberichte, der – legt man die Zahlen des Halbjahresberichts 2023 zu Grunde – vermutlich 2023 erneut überschritten wird. Dennoch ist der Anteil der Exporte in Drittstaaten im Vergleich zu vorangegangenen Jahren niedrig. Das Gros dieser Drittlandexporte machen zudem Ausfuhren in die Ukraine aus, welche im Sinne des Selbstverteidigungsrechts legitim sind. Nach Abzug aller Ausfuhren in die Ukraine liegt der Anteil der Exportgenehmigungen an Drittländer 2022 nur noch bei 12 Prozent. Dies ist ein historisch niedriger Wert und wurde (absolut) zuletzt 2002 unterschritten. Auch im ersten Halbjahr 2023 liegt dieser Wert ähnlich niedrig.
Angesichts dieser positiven Zahlen braucht die Bundesregierung mehr Transparenz im Rüstungsexportbereich nicht zu scheuen. Im Gegenteil, manche Diskussion über vermeintliche Verstöße gegen die Kriterien des Gemeinsamen Standpunktes würde sich wahrscheinlich erübrigen, lägen detaillierte Informationen über die Endempfänger oder die exportierten Güter vor. Auch ohne Rüstungsexportkontrollgesetz kann die Bundesregierung einiges dafür tun, um ihrem Anspruch gerecht zu werden, die Rüstungsexportpolitik auch strukturell zu verbessern und damit langfristig zu prägen. Drei Empfehlungen können dabei helfen.